Donnerstag, 8. Oktober 2015

Ein Tipp - die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zu letzt

Hallo Liebe Lena,

das habe ich gefunden und musste an dich denken. Wie gesagt, jeder hat vielleicht seine Art um mit seinem Dämon dem Tinnitus klar zu kommen. Und wer weiß schon so genau, was einem hilft und was nicht. Auch ich lese immer noch hier und da Wunderwaffen gegen den T und fange an zu hoffen.

Es verfliegt bei mir halt sehr schnell, weil ER mir inzwischen so egal ist. Aber bei dir könnte vieles noch helfen. Wer weiß ...

Liebste Grüße,
Deine Anna

Dienstag, 1. September 2015

Angst

Unsere Ängste nähren den T. Aber ohne Angst zu leben ist wahrscheinlich bzw. sehr sicher fast unmöglich. Oder so selten, dass es für andere wiederum „verrückt“ erscheint. So denke ich zumindest. Denn diese Menschen, die da OHN Angst irgendwo ganz oben schweben, erscheinen den meisten als total "unnormal". Oder?

Die Angst vor meinem T selbst habe ich verloren, nicht aber die vor meiner Zukunft. Ob ich auch immer so stark bleiben werde, oder ob ich vielleicht doch noch mich von ihm in den Abgrund reißen lasse.

Also im Prinzip ist es so: ER soll keine Macht über mich und mein Leben haben. Ich wiederum kämpfe täglich dafür. Und das mit Angst. Ständiger Angst. Aber im gesunden Maße ... inzwischen. Früher war es mehr Panik.

Wenn ich ihn heute höre, dann nehme ich es für einen kurzen Moment wahr und mache weiter. Ich lasse keine Angst erst aufkommen.
Ich hinterfrage nichts mehr.
Ich lebe weiter.

Und wenn ich keine Ablenkung habe, dann höre ich IHM eine Weile zu, ohne Angst, ohne Panik und dann mache ich weiter - irgendwie, irgendwas - und so vergesse ich IHN.

Klar, der Gedanke nie wieder einen ruhigen Moment zu haben, ist hin und wieder da. Aber er beunruhigt mich nicht mehr wie früher. Nein, ich versuche auch erst gar nicht mehr darüber nachzudenken, denn ich weiß ja tief in meinem Inneren bereits, dass es so bleiben wird.

Und nach etwas "Unerreichbarem" zu streben, macht für mich keinen Sinn mehr. Ich bin vielleicht ein wenig traurig. So traurig wahrscheinlich, wie jemand, der nicht das richtige geschenkt bekommen hat :-)

Dann vergesse ich das schnell und merke, so schlimm ist das doch gar nicht. Nach der absoluten Ruhe zu streben macht für mich keinen Sinn mehr. Das ist dann der Tod, in meinen Augen. Den erreiche ich in jedem Fall. Und dann wird es ruhig sein … für immer.

Meinen zweiten T - also den links - habe ich nun seit etwa 1,5 Jahren.
Wow, schon so lange.
Ich dacht erst, ES wäre nur wenige Monate alt.
So kann man sich täuschen.

Danke Lena, dass du mich daran erinnert hast.

Montag, 29. Juni 2015

Warum sollte ich das verschweigen?

Warum sollte ich lügen? Mich entschuldigen? Mir Ausreden ausdenken?
Ich will das nicht.
Aber nicht wegen Mitleid.
Oder Aufmerksamkeit.
Oder den vielen "Oh, du Arme".

Nein, ich bin umgeben von vielen lieben Menschen, meiner Familie, meinen Freunden, all denen, die in dieser schweren Zeit für mich da waren. Mich trösteten. Auf mich aufpassten. Mir zuhörten.

Mir geht es darum: Warum sollte eine Frau, die so etwas erleben muss, noch zusätzlich andere belügen?
Was hast du gehabt?
Warum warst du krank?
Was war denn los?

Ach, ich ... hatte ... war ... eine Grippe?
Nein, ich hatte eine Fehlgeburt.
Ja, ich gehöre zu den viele Frauen, die das erleben muss. Die diese Nachricht - in der 8. Woche - zu hören bekommt, der Fötus hat aufgehört sich zu entwickeln.
Es lebt nicht.
Es hat nie gelebt.

Ich versuche das mal zu glauben. Was bleibt mir denn anderes übrig?
Ich habe mich mit meinen Mann darauf gefreut.
Der Test war vor Wochen positiv und wir waren sogleich auf Wolke 7.
Haben wir uns vielleicht zu sehr gefreut?
Und 3-4 Wochen später hieß es dann: "Nein, Sie bekommen kein Baby."
Es muss "weg" gemacht werden.
Eine OP.
Ambulant, kurz und schmerzlos.

Und das war's.
Für die Ärzte zumindest. Es ist nichts besonderes. Passiert öfters als man denkt. Nur redet keine Frau darüber. Wieso aber? Ich war schockiert. Wieso sollte ich mir nun auch noch Geschichten ausdenken, warum ich ins Krankenhaus muss. Zu einer OP. Welcher? Mandeln-OP? Blinddarm?

Für mich steht fest, nein, das kann ich nicht. Ich habe "mein Baby" verloren. Das Baby, auf das ich mich gefreut habe. Ich hoffe von Herzen, dass es wirklich nie gelebt hat. Trotzdem hat es in meinem Herzen für Wochen einen großen Platz eingenommen. Und trotzdem war diese Erfahrung nicht schön für mich. Auch die OP ist nicht ohne. Bis ich wieder voll und ganz auf den Beinen bin, dauert es noch Wochen.
Und seelisch?
Ich versuche es zu verarbeiten. Auf meine Art und Weise.

Was meinen Tinnitus angeht. An diesen Tagen wurde ER nicht lauter. Ich glaube sogar, ER war fast noch leiser. Denn es war als wäre ich Tage lang wie in Trance. In den Gedanken wo anders, nur mein Körper nahm brav alle Termine bei den Ärzten wahr, hörte sich das "so-machen-wir-es-weg-bla-bla" an und lebte in den Tag hinein. Irgendwie. Auf dem Sofa. Im Bett. Nicht aktiv.

Erst an diesem Wochenende habe ich es dann geschafft mich aufzurappeln. Ich laufe wieder viel. 8- 10 km. Einfach drauf los. Das hilft mir.

Ich werde auch dieses Schicksal überwinden.
Denn aufgeben ist keine Option.

Eure Anna

Dienstag, 28. April 2015

Kurzes "Hallo" zwischendrin

Ich weiß, ich habe mich schon ewig nicht mehr hier gemeldet. Das liegt einfach daran, dass meine Arbeit und mein Leben mich voll eingespannt haben und ich für mich erst einmal entschieden habe, dass ich eine "Verarbeitung diesen Themas" vorerst nicht mehr brauche. Also besser gesagt, ich dem Thema "Tinnitus" nicht mehr so viel Raum in meinem Leben geben möchte, ihn am liebsten komplett vergessen, ... verdrängen, löschen, ... ach je, die typischen Wünsche eben.

Heute aber wurde ich hier im Blog gefragt, ob ich mein Pfeifen denn noch habe. Und da wurde mir klar, ja, ich habe Wochen-, Monatelang nicht mehr wirklich mich mit IHM beschäftigt, aber mein Tinnitus ist mir immer noch treu. Also nicht gelöscht, aber zumindest verdrängt.

Sprich in meinem linken Ohr pfeift es nach wie vor. Aber ich nehme ihn eigentlich kaum bis gar nicht mehr wahr. Die einzigen Momente am Tag sind Minuten, wenn nicht Sekunden, abends oder kurz vor dem Schlafen gehen, oder wenn ich wirklich mal denke "pfeift es da eigentlich noch?" - hinhören - "ja" - schmunzeln - und weiterleben :-)
Es gibt auch solche Momente: "oh, nein, da pfeift es nicht mehr" - "Jupppppiiiiiii" - "oh, da ist es ja wieder" - "na, gut" - weitermachen, weiterleben, weiter ignorieren.

Ich schaffe dem Tinnitus niemals eine Bühne in meinem Leben, deswegen fragt mich sogar meine Mama hin und wieder: "Hast du eigentlich noch das Pfeifen?" - "Ja." - "Oh, echt? Sieht man gar nicht."

Oder ich erwähne mal im Gespräch: "Mein Tinnitus ..." - "Was du hast noch deinen Tinnitus?" - "Ähm ja." Große Augen, Stille, ...

Ich weiß nicht, was die Menschen, die nicht davon betroffen waren, sind, von der Krankheit erwarten. Soll man mir meinen Tinnitus ansehen? Dann müsste ich dauernd weinen, am Leben zweifeln, Ängste haben, schlecht gelaunt sein, niedergeschlagen, ... Und all das würde IHN wiederum lauter, präsenter machen. Und dann hat man den Kampf verloren. Niemals.

Oder soll ich von Doc zu Doc rennen, nach Heilung fragen, betteln, Spritzen testen, Nadeln ins Ohr stecken, Hokuspokus über mich ergehen lassen, ...? Von Hoffnung zu Hoffnung zahlen? Und nichts als Enttäuschung dafür erhalten. Nein, danke, habe ich hinter mir. Auf Heilung im klassischen Sinn mache ich mir schon lange keine Hoffnung mehr.

Dass ich das mal so gut schaffe wie heute, hatte ich selber nicht geglaubt, aber mein Leben ist mir WICHTIGER als ER, meine Familie, mein Beruf und alles andere ... Das nimmt bei mir so viel Raum ein, dass ER nur noch Sekunden, Minuten, hier und da für sich beanspruchen kann. Mehr nicht.

Eure Anna